SC Victoria: Auf der Suche nach Konstanz

Joshua Krause war nach dem Niendorf-Spiel aufgrund der Inkonstanz seiner Mannschaft ratlos. (Foto: Lobeca/Rohlfs)
Joshua Krause war nach dem Niendorf-Spiel aufgrund der Inkonstanz seiner Mannschaft ratlos. (Foto: Lobeca/Rohlfs)

Sauer war Joshua Krause, Trainer des SC Victoria, nach dem 1:4 beim Niendorfer TSV am letzten Sonntag. Erneut hatte seine Mannschaft nach einer starken Leistung daheim eine katastrophale Auswärtsfolgen lassen. Das Spiel war fast ein Klassenunterschied. Nun ist man bei „Vicky“ auf der Suche – nach Konstanz und nach Erklärungen, warum sich die Mannschaft nicht dauerhaft halten kann.

Hohe Ansprüche

Man muss Victoria zu Gute halten, dass die Mannschaft im Grunde komplett neu zusammengestellt ist. Satte 17 neue Akteure hat Krause zu Trainingsbeginn im Sommer begrüßen dürfen. Darunter waren einige junge Spieler, aber auch arrivierte Kräfte, die in Schleswig-Holstein und Hamburg Oberliga-Erfahrung sammelten. Selbstbewusst verkündete der Trainer nach seiner ersten Vorbereitung durchaus hohe Ziele: „Ich sehe fünf bis sechs Mannschaften, die das erste Tabellendrittel unter sich ausmachen. Dann sehe ich drei bis vier weitere Teams, die um das Tabellenmittelfeld kämpfen. Und da sehe ich uns mit drin. Die nötige Qualität, einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen, hat meine Mannschaft auf jeden Fall.“

Zu Hause hui…

Das dies nicht unbedingt weit hergeholt ist, belegen der aktuelle Tabellenplatz mit Rang zehn und zwei Zählern Rückstand auf Platz sechs. Zum Anderen zeigt „Vicky“ vor allem zu Hause, zu was die Mannschaft fähig ist. Vier Siege in sechs Spielen, darunter ein 3:2 gegen Meister Sasel, stehen im Zeugnis-Heft, dazu kommt ein starkes Unentschieden gegen Dassendorf (2:2). „Zu Hause klappt es“, bilanziert Krause durchaus nicht unzufrieden: „Dassendorf spielen wir zuletzt in Teilen gut auseinander, Türkiye hat gar keinen Stich gesehen. Auch wenn das natürlich zwei sehr unterschiedliche Kaliber sind.“ Es wird klar: an der Hoheluft holt niemand im Vorbeigehen drei Punkte.

..Auswärts pfui

Auf fremdem Platz sieht es dagegen nicht so gut aus. Nur zwei Siege (bei den Kellerkindern Düneberg und Tornesch) hat der SC Victoria auf der Haben-Seite. Zuletzt bekam man eine Reise nach der anderen, verlor beim Nachbarn Alsterbrüder (2:7), in Harksheide (0:3) und zuletzt in Niendorf (1:4) deutlich. „Ich weiß nicht, warum wir es nur zu Hause gebacken bekommen“, ist Krause sichtlich und hörbar ratlos: „Wir fahren zu TuRa, zu Alsterbrüder und zu Niendorf, bekommen jedes Mal auf den Kopp. Ich weiß nicht, ob es dieses Sonntagnachmittag 14 Uhr-Flair ist, statt einfach Freitagabend.“

Lange und hohe Bälle sind Gift

Ein Grund dafür ist, dass das sicherlich nicht unerfahrene Team von Victoria Probleme mit langen und hohen Bällen hat. Beispiel Niendorf: drei von vier Toren fielen nach Flanken oder Eckstößen, fast jeder Standard fand einen Abnehmer. Dazu gewann der NTSV fast jeden zweiten Ball und kam so zu zusätzlichen Chancen. Für Joshua Krause ist das fast ein Sinnbild des bisherigen Saisonverlaufs: „Wir verteidigen es halt nicht gut. Das zieht sich durch die gesamte Saison, dass wir zu viele Gegentoren nach langen und hohen Bällen bekommen.“ Das Resultat: der SCV stellt die sechstschlechteste Defensive der Oberliga – nur die aktuelle abgeschlagenen Teams auf den letzten fünf Rängen kassierten bisher mehr Gegentore. Victoria macht zu häufig die Basics falsch , was Krause ebenfalls etwas ratlos zurücklässt: „Ich bin überfragt, warum wir es nicht hinbekommen.“

Dennis Bergmann ist Dreh- und Angelpunkt der Victoria-Offensive. Meist können ihn nur Fouls stoppen. (Foto: Lobeca/Rohlfs)

Offensiv abhängig

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es im Offensivspiel hapert, wenn Dennis Bergmann fehlt. Der Routinier ist mit zwölf Treffern nicht nur der beste Torschütze der Liga, sondern Dreh- und Angelpunkt des gesamten Aufspiels des SC Victoria. Kurz gesagt: ein Akteur, auf den sich die Gegner einstellen müssen. „Unser Hauptaugenmerk vor dem Spiel war, dass wir überlegt haben, wie wir Bergmann aus dem Spiel nehmen“, gestand beispielsweise NTSV-Coach Ali Farhadi. Nun musste der 30-Jährige aufgrund von Adduktorenproblemen passen (eine reine Vorsichtsmaßnahme, so Krause), was Niendorf das Spiel erleichterte und das Offensivspiel von „Vicky“ zum Erlahmen brachte.

ETSV wartet

Jetzt kommt mit dem ETSV eine Mannschaft an die Hoheluft, die gut bekannt ist – zahlreiche Ex-Victorianer haben den Sprung an den Mittleren Landweg gewagt. Und nach dem Trainerwechsel scheinen sich die Eisenbahner in ruhigen Gewässern zu befinden. Doch Konstanz ist auch beim ETSV noch nicht angekommen.

Für Victoria ist klar: mit einem Sieg bleibt man zunächst einmal an den Top sechs bis acht dran, bei einer Niederlage verabschiedet sich „Vicky“ wohl endgültig ins graue Mittelmaß. Und auf das Niemandslande hat Krause „so gar keinen Bock!“