HEBC: Ein oder kein Spitzenteam?

Der HEBC jubelt und schwimmt auf einer Erfolgswelle. (Foto: Lobeca/Rohlfs)
Der HEBC jubelt und schwimmt auf einer Erfolgswelle. (Foto: Lobeca/Rohlfs)

Tabellen und Statistiken lügen bekanntlich nicht. Und die aktuelle Tabelle der Oberliga Hamburg sagt aus, dass der Hamburg-Eimsbütteler Ballspiel-Club von 1911 nach neun Spielen den zweiten Tabellenplatz belegt. Der HEBC stellt den zweitbesten Angriff und auch die Defensive ist zumindest im oberen Mittelfeld angesiedelt. Folglich darf man den Saisonstart als geglückt bezeichnen. Doch sind die Veilchen nun ein Spitzenteam oder nicht?

Ergebnisse stimmen

Rein von den Ergebnissen her ist die Frage sehr schnell mit ja beantwortet. Sechs Siege und nur eine Niederlage gab es in den ersten neun Spielen, der HEBC rangiert auf Augenhöhe mit Spitzenreiter Dassendorf (zwei Punkte mehr) und Altona 93 (zwei Punkte und ein Spiel weniger). Dies hätten sicherlich nicht viel für möglich gehalten. Ebenso wenig wie die Spiele an sich. Vor wenigen Wochen wurde der USC Paloma mit 4:1 weggefidelt, am letzten Mittwoch schlug man Meister Sasel mit 2:1. Die letzte Niederlage, 1:6 bei Süderelbe, fühlt sich an wie aus fernen Tagen.

Özden Kocadal hat seinem HEBC eine klare Handschrift verpasst. (Foto: Lobeca/Rohlfs)
Özden Kocadal hat seinem HEBC eine klare Handschrift verpasst. (Foto: Lobeca/Rohlfs)

Einstellung passt, Handschrift sitzt

Auch von der Einstellung ist der HEBC nah an einem Spitzenteam. Das knappe Spiel in Sasel hat es bewiesen. Noch in der letzten Saison hätten die Veilchen den knappen Vorsprung wohl hergeschenkt. Auch Spiele wie bei Concordia (2:1) oder zuletzt gegen den Nachbarn FC Alsterbrüder (3:1) zeigen, dass die Mentalität beim HEBC ganz groß ist. Denn in beiden Spielen hat die Elf von Özden Kocadal Nackenschläge weggesteckt und spät die Tore gemacht.

Apropos Kocadal: das Team trägt eine klare Handschrift. Defensiv steht die Mannschaft stabil und spielt souverän nach vorne, ja spielt den Gegner aus und nutzt die Fehler eiskalt. Dies bekräftigt auch Co-Trainer Jan Geist, der seinen „Chef“ bereits zweimal vertreten durfte, unmittelbar nach dem Sasel-Spiel in der letzten Woche: „Man erkennt klar Özys Handschrift. Wie wir heute, gerade in der ersten Halbzeit, das Spiel gegen den amtierenden Hamburger Meister bestritten haben, das war einfach geil.“ Geilheit, Giftigkeit – auch das ein Markenzeichen des HEBC 2023. Dazu kommt eine unglaubliche Breite im Kader. Als Außenstehender hat man den Eindruck, dass Wechsel und Veränderungen in der Aufstellung kaum was etwas ausmachen. Der zweite Anzug sitzt fast so perfekt wie der Erste.

Buttler als Synonym für den Aufschwung

Wenn man einen Spieler exemplarisch als Beispiel für den weiteren Aufschwung der Eimsbütteler zeigen will, dann kommt man um Johann Buttler kaum herum. Der mittlerweile 27-Jährige kennt die Oberliga wie seine Westentasche, debütierte 2015 für den SV Eichede in der Oberliga Schleswig-Holstein. 2016 zog es ihn nach Hamburg zum Niendorfer TSV, seit 2020 schnürt Buttler die Schuhe für den HEBC. Als quirliger Stürmer bekannt, war der Mann mit dem Zopf nie der große Torjäger. Elf Treffer in 68 Oberliga-Spielen bis zum Sommer diesen Jahres hauen die Statistiker nicht vom berühmten Hocker. Doch in dieser Saison explodiert Buttler förmlich, traf neunmal in neun Spielen, belegt Platz zwei in der aktuellen Torjägerliste. Und dies, obwohl er immer noch einige Chancen liegen lässt.
Aber unabhängig von seinen Treffern hat sich der Stürmer in seiner Zeit beim HEBC zu einem Unruheherd und X-Factor im Spiel der Veilchen gemausert.

Neun Spiele, neun Tore: Johann Buttler (rechts) hat sich zum Torjäger gemausert. (Foto: Lobeca/Rohlfs)

Die Konstanz fehlt

Dennoch sieht Özden Kocadal seine Mannschaft nicht als Spitzenteam. Der einfache Grund aus seiner Sicht: „Uns fehlt die Konstanz“. Mit dieser Einschätzung hat der Trainer nicht ganz unrecht. Gerade gegen die vermeintlich „Kleinen“, also Teams aus der unteren Tabellenhälfte tut sich sich der HEBC mitunter schwer. Gegen Concordia und Alsterbrüder ging es gut, gegen Buchholz (1:1) und Tornesch (3:3) ging es schief. Eine richtige Erklärung fällt sowohl Kocadal wie auch Co-Trainer Geist schwer. Eine richtige Erklärung habe er nicht, befand Geist nach dem Sasel-Spiel, setzte dann aber in Bezug auf das Tornesch-Spiel doch zu einer an: „Wir haben letzte Woche Tornesch riesig bespielt und haben viele Chancen einfach nicht genutzt. Aber da darfst du halt keine drei Gegentore kassieren.“

Auch die Emotionen, die der HEBC braucht, sind dann manchmal einen Tick zu viel. Der einzige Feldverweis (Gökcek am dritten Spieltag) resultierte aus einer Meckerei, viele gelbe Karten resultierten dann doch daraus, dass man das eine kleine Wort zu viel sagte. Das haben auch die Trainer bemerkt, denn diesen Punkt fand Kocadal nach der Gala bei Paloma als kleines Haar in der Suppe.

Oktoberbrett vor der Brust

Dennoch muss man konstatieren: wer in dieser Saison eine Spitzenplatzierung in der Oberliga Hamburg erreichen will, der muss am Reinmüller und gegen den HEBC bestehen. Und in der aktuellen Form gehören die Veilchen zu den Spitzenteams der Liga. Genaueres weiß man nach dem Hammer-Oktober: denn dann muss der HEBC nacheinander gegen Dassendorf, Niendorf, den ETSV und Altona ran.

Eins scheint aber klar: sollte der HEBC den Oktober schadlos überstehen, werden zumindest die Nachfragen zur Regionalliga kommen, auch wenn diese sehr weit weg scheint. Noch begegnen Kocadal und Geist diesen Nachfragen mit Humor und sagen unisono lachend: „Es wissen alle genau: wenn der HEBC für die Regionalliga meldet, sind wir weg.“ Aber sicherlich wird man auch am Reinmüller solche Nachfragen eher als Lob verstehen – für die eigene Leistung als Spitzenteam der Liga.